Wer lange isst, lebt lang

Sakuski, die russischen Vorspeisen, sind wie geschaffen für langsamen Genuss. Auch Gastgeber können sich dabei entspannen.
2017
 

Eine Sakuska-Tafel besteht aus vielen „Gängen“, die allerdings gleichzeitig serviert werden. Sind alle Sakuski einmal aufgetragen biegt sich der Tisch unter einem Universum aus Formen, Farben, Düften und Geschmäckern. Man nimmt Platz, kostet einmal hier und einmal dort, ohne allen Stress. Auch die Gastgeber haben, wenn der Tisch einmal gedeckt ist, Feierabend und können sich mit ungeteilter Aufmerksamkeit den Gästen widmen. Die meisten Sakuski werden kalt serviert, müssen daher nicht sofort gegessen werden, sie bleiben auch über einen längeren Zeitraum in der Qualität unverändert. Kühlschrankkälte ist der Sakuska-Tafel ein Greuel.

Die Basisausstattung einer Sakuska-Tafel repräsentiert - mit Ausnahme der Fischeier vielleicht – das raue, bäuerliche Russland. Sie besteht aus rotem Kaviar, Sprotten, Paradeisern, Frühlingszwiebeln, geräuchertem Käse, Salzgurken, einem Bund Petersilie und Dille sowie Weißbrot. Natürlich darf auch der Wodka nicht fehlen. Erst der Genuss mit den Sakuski bringt seine Qualitäten so richtig zur Geltung. Das glaslare Destillat genießt man normalerweise nicht alleine sondern immer gemeinsam mit allen Gästen und auch nicht ohne, dass jemand aus der Runde zuvor einen Toast ausgeprochen hat.

Sakuski werden übrigens in der Form von „etwas dazuessen“ verstanden. Sie sind damit den spanischen Tapas verwandt, die zum Getränk gehören wie das Amen zum Gebet. Im Laufe der Zeit hat sich die Zahl der Sakuski vervielfältigt, ihre Art je nach Region und Gesellschaftsschicht ausdifferenziert: es gibt sie aus Fleisch oder Fisch, geräuchert, gekocht oder - wie die Heringe - einfach nur eingesalzen. Eingelegtes Gemüse bildet eine besonders wichtige Gruppe der Sakuskis. Der Wald liefert die Zutaten für die Pilzvarianten. Aus roten Rüben, Karotten, Radieschen o. ä. werden raffinierte Salate zubereitet, mit saurem oder süßem Rahm, Kren, Mayonnaise sowie Zitrone werden sie mariniert. Gedörrtes Obst, Nüsse, sowie frische Moos- und Preiselbeeren dienen der Garnierung oder Verfeinerung. Hühner steuern fleißig Ihre Eier bei. Auch Piroggen und Piroschki schummeln sich manchmal dazu. Selbstverständlich kommt auch die Kartoffel nicht zu kurz und dies nicht nur in Form von Wodka.